Gründerväter waren streng

Musikverein Kurkapelle feiert 175-jähriges Bestehen. Im Jahr 1891 gibt es erste Hinweise auf Kurkonzerte. Instrumente waren immer ein teures Gut für den Verein. Der Musikverein Kurkapelle Schonach präsentiert sich auf dem offiziellen Foto zum 175-jährigen Bestehen. Alle freuen sich auf das große Fest vom 1. bis 4. August 2014.

Jubiläum 2014 175 Jahre Vereinsgeschichte des Musikvereins Kurkapelle Schonach, da ist vieles passiert und geleistet worden. In einer Serie wirft der SÜDKURIER einen Blick auf Bemerkenswertes, Richtungsweisendes und Kurioses.

„So ist es aber vor allem nöthig, dass unter den Mußigern Einigkeit und Eintracht haust“, so steht es im „Mußigvertrag“, der den Musikverein Kurkapelle Schonach vor 175 Jahren begründete. Musiklehrer Dorner schloss am 1. Juli 1839 diesen Gründungsvertrag mit 15 weiteren Mitgliedern. Der Vertrag regelt Disziplin, Zuverlässigkeit, Sorgfalt und Probenfleiß in den Anfangsjahren. Paragraf vier legte fest, dass keiner zum Zorn gereizt werden dürfe und verbot schlichtweg das gegenseitige Lästern. Und der Paragraf war offenbar sehr ernst zu nehmen. Wer sich nicht daran halten wollte, dem drohte der Ausschluss aus dem Verein, so sah es Paragraf sieben vor. Nur wer bei den Treffen aus geschäftlichen oder gesundheitlichen Gründen passen musste oder auswanderte, blieb straffrei.

Die Gründungsväter ließen in ihrem Musikvertrag wenig Interpretationsspielraum, sondern legten viel Wert auf die Gemeinschaft und den Zusammenhalt. Über die ersten gut 45 Jahre des Musikvereines ist wenig überliefert. Es gibt keine Unterlagen oder schriftlichen Zeugnisse, wie sich der neu gegründete Verein zur Verbreitung des Musizierens entwickelt hat. Erst 1883 ist das Bestehen einer Knabenkapelle urkundlich belegt. Lange Zeit galt diese Knabenkapelle als erster Anhaltspunkt, bis 1949 im Gemeindearchiv der Mußigvertrag ausgegraben wurde. Zum großen Glück sind ab diesem Zeitpunkt alle Protokollbücher erhalten und darin ist viel Bemerkenswertes und Kurioses belegt. So mussten 1885 alle neuen Musiker mit einem ärztlichen Attest belegen, „ob sie gesund ist auf der Brust“. Was sich auf den ersten Blick reichlich schräg anhört, hatte einen ernsten Hintergrund. Pocken- und Scharlacherkrankungen waren in dieser Zeit eine ernsthafte Bedrohung und nicht ohne weiteres kurierbar. Zwei Epidemien 1870 und 1877 forderten im Dorf viele Todesopfer.

Ins Jahr 1891 fällt der erste Hinweis auf die Kurkonzerte. Diese fanden offenbar im so genannten „Musik-Häusle“ oberhalb der ehemaligen Pension Birkenbad statt. Wenig genutzt, verkauften die Mitglieder des Musikvereins den hölzernen Pavillon 1919 und spielten auf den freien Plätzen auf. Erst 1932 bauten sich die Musiker einen zweiten Pavillon zwischen der Pension Birkenbad und dem heutigen Sport Hör. Sie investierten 2000 Arbeitsstunden und wurden von Handwerkern und Gönner unterstützt. Am Pfingstsonntag 1932 weihten sie den neuen Pavillon mit einem Konzert ein. 1937 wurde der Standort des Pavillon in den Kurpark verlegt. Heute würde er auf den Schulparkplatz in unmittelbarer Nähe zum Turntalbach stehen.

Kein Steinwurf davon entfernt, errichtete der Musikverein 1955 überwiegend in Eigenarbeit den großen Pavillon im damaligen Kurgarten. Ein weiteres Mal war der hölzerne Vorgänger zu klein geworden, außerdem erhofften sich die Vereinsmitglieder vom neuen Gebäude eine akustische und optische Aufwertung für die Kurkonzerte. 1974 zogen sie um in den heutigen Kurpark-Pavillon. Der steht aktuell im Zuge der Kurparküberarbeitung wieder auf dem Prüfstand. Die Vereinsfinanzen waren zu jeder Zeit ein Thema und Musikinstrumente ein teures Gut. Die findigen Vereinsmitglieder fanden Wege, ihre Kasse aufzubessern. Einer davon war die Einführung der passiven Mitgliedschaft und in einer Werbeaktion klapperten die Musiker alle Häuser in Schonach ab.

„Nächsten Dienstag, den 15. des Monats, veranstaltet der hiesige Musik-Verein ein Waldfest auf dem Hirtzflecken, wozu Jedermann und die Mitglieder sämtlicher Vereine freundlichst eingeladen werden. Abmarsch nachmittags um 3 Uhr vom Schulhaus aus“, so kündigte der Verein seine Feste an. Im Laufe seiner 175-jährigen Geschichte sollte dieser Festplatz noch öfter wechseln. Mit Konzerten und Theateraufführungen, die dem jeweiligen Zeitgeist angepasst waren, besserten die Vereinsmitglieder ihre Kasse auf und förderten die Entwicklung des Vereins. Gleichzeitig lieferten sie aktive Beiträge zum Dorfleben und für die Gäste.

Die Gründungsmitglieder

Den „Mußig-Vertrag“ unterzeichneten: Accißer Ketterer, Fleig Lammwirth, Joseph Fleig, Andreas Spitz, Markus Fleig, Alexander Fleig, Bernhard Fleig, Thimothäus Hock, Anton Weinacker, Cölestin Hörmann, Alois Scherer, Augustin Hör, Jj. Fehrenbach, Max Fleig, Joseph Schwer senior und Mußiglehrer Dorner.